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EINE KLEINE LESEPROBE

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© Biermann-Jung

Kaan führte die zwei jungen Karpfen zu seinem Geheimgang. „Jetzt schwimmt los, ihr zwei Abenteurer! Die Bedingungen sind gut, es hängt kein Wölkchen am Himmel“, drängelte er und stupste Kurt an Kala vorbei, in den Gang hinein.

„Danke dir für deine Hilfe, Kaan. Wir werden dich nie vergessen!“, sprach Kala und schwamm hinter Kurt her.

Vorsichtig bewegten sie sich vorwärts, denn im Dunklen war nicht viel zu erkennen. Nach einer Weile drang etwas Mondlicht ins Wasser. Dadurch konnten Kurt und Kala das kantige Gestein besser wahrnehmen, zwischen dem sie hindurch schwammen.

„Pass auf, dass du nicht aneckst! Wir tauchen vorsichtshalber tiefer. Da erscheint mir der Weg breiter“, entschied Kurt und schwamm weiter.

Am Boden waren die spitzen Steine mit einem Teppich von Algen überzogen, so dass es den Karpfen nichts ausmachte, wenn sie diese streiften.                      

„Wir bleiben erst einmal in der Nähe des Grunds“, sagte Kurt. Mit wenigen Flossenbewegungen ließ er sich langsam durchs Wasser gleiten. „Da vorne kommt ein dichter Dschungel aus Baumwurzeln auf uns zu.“ Kurt schlängelte sich achtsam hindurch. Kala blieb dicht an ihm dran.

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© Biermann-Jung

Plötzlich stieß Kurt gegen etwas Spitzes. „Aua! Was ist das?“, schimpfte er.

„Genauso Aua! Wer rempelt mich so unsensibel an?“, erwiderte eine Stimme. Die zwei Karpfen sahen sich daraufhin einem kantigen Tier mit riesigen Scherenhänden gegenüber. „Wer bist du denn?“, fragte Kurt. „Jetzt tu mal nicht so, als ob du noch nie einen ausgewachsenen Edelkrebs gesehen hättest“, sprach der eckige Geselle. „Einen Astacus astacus.“
„Nein. Ich kenne deine Art nicht. Geh bitte zur Seite! Wir wollen weiter schwimmen“, forderte Kurt ihn auf. „Hey, ich bin hier der Gewässerpolizist. Wohin wollt ihr?“ Der Krebs baute sich groß vor ihnen auf.

„Willst du uns veralbern?“, sagte Kurt und schaute verdutzt zu Kala. Die zwinkerte ihm kurz zu, dann wandte sie sich an den Krebs: „Vielleicht machst du heute eine Ausnahme. Wenn du uns vorbeilässt, sind wir sofort weg. Du hast dann wieder deine Ruhe.“

„Warum sollte ich das tun?“, fragte er. 

„Du hättest deine Pflicht getan, nämlich uns kontrolliert, und gleichzeitig eine gute Tat vollbracht. Die Polizei als Freund und Helfer hätte zwei jungen Karpfen geholfen, die eine ungewisse Reise vor sich haben.“ Der Krebs rollte seine merkwürdigen Stilaugen nach rechts und links. „Ihr reist ohne Ziel?“

„Was geht dich das an? Lass uns endlich durch!“, motzte Kurt. „Natürlich haben wir ein Ziel. Doch wir wissen nicht genau, wo es sich befindet.“

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© Biermann-Jung

„Wir haben nur wenig Zeit. Noch in dieser Vollmondnacht möchten wir einen großen See finden“, fügte Kala hinzu.

„Ah, ich verstehe ... eine riskante Sache für zwei Fische wie euch. Ihr habt schließlich nur die einfache Kiemenatmung. Euch sollte nicht das Wasser ausgehen ... hi hi.“ Der Krebs lachte schelmisch. Kurt hatte große Mühe, ruhig zu bleiben.

„Ich kenne alle Wege im Umkreis. Sowohl unter als auch über Wasser“, begann er zu erzählen. Das glaubte Kurt nicht. „Wie kann es sein, dass du die Gegend außerhalb des Teichs kennst?“

„Nun, als Krebs kann ich auch außerhalb des Wassers mit meinen Kiemen atmen. Oft gehe ich an Land spazieren und schaue mich dort nach Nahrung um. Die Abwechslung ist es doch, was das Leben ausmacht. Nicht wahr? Aber was sage ich euch das. Ihr müsst ja immer im Wasser bleiben.“ Kurt versuchte sich am Krebs vorbei zu kämpfen und schimpfte: „Mir reicht dein Geschwätz. Lass uns endlich weiterschwimmen!“

„Wartet, Karpfen! Wenn euch jemand helfen kann, dann ich.“ Kurt sah den Krebs fragend an. „Du willst uns wirklich helfen?“

„Ja. Ich kann euch sicher durch die Wasserläufe ins nächste Gewässer führen. Aber vorher sagt mir, wie ihr heißt! Ich bin Claus, wie schon gesagt, ein Edelkrebs. Und Claus mit „C“ versteht sich... wie bei Asta-Cus.“ Kala und Kurt nannten dem Krebs ihre Namen, beide mit K, wie bei Karpfen, versteht sich, und danach setzten sie zusammen ihre Reise fort.

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